Donnerstag, 17 Dezember 2015 14:28

Botulinumtoxin: Ersatzverfahren für den LD50-Test zugelassen Empfehlung

Im Dezember 2015 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen zellbasierten Assay zum Ersatz des LD50- Aktivitätstest an Mäusen für bestimmte Arzneimittel mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin Typ A zugelassen. Antragsteller war der Produkthersteller Merz, der eine auf Zellkulturen in Kombination mit einem immunologischen Verfahren basierende Alternative für Qualitäts- und Chargenprüfung firmeneigener Produkte entwickelt hat.

Zur Überprüfung der Aktivitätsbestimmung und der Stabilität (Qualität) des Produkts mussten Hersteller bislang den qualvollen LD50-Test an Mäusen durchführen. Seit Jahren kämpfen Tierrechtsorganisationen für die Beendung von Tierversuchen und Hersteller versuchen, ein Ersatzverfahren zu diesem Tierversuch zu entwickeln. 2009 wurde am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Expertengruppe ins Leben gerufen (BoNT Expert Working Group), in die neben Wissenschaftlern und Validierungsbehörden auch Die Firmen Merz und Ipsen vertreten waren. Mit dabei war auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das mittlerweile die in-vitro-Tests von Allergan und Merz anerkannt hat.

Als weltweit erstes Unternehmen hatte der amerikanische Hersteller Allergan eine in-vitro-Ersatzmethode entwickelt und im Juni 2011 in den USA, dann im Februar 2012 in ganz Europa eine Zulassung erhalten. Seit April 2011 arbeitete Merz an der Lösung des LD50-Problems gemeinsam mit der Firma Ipsen. Jedoch kam es 2012 kam es einem Rückschlag bei der Entwicklung: Die Erwartungen einer gmeinsamen Testentwicklung hätten sich nicht erfüllt, so dass die Entwicklung kurz vor Einreichung bei der Zulassungsbehörde BfArM eingestellt wurde, wie Merz 2012 mitteilte.  

Nun hatte Merz ein eigenes Verfahren eingereicht und die Zulassung für das Verfahren für die firmeneigenen Produkte mit dem Botulinumtoxin Serotyp a erhalten. Es kann für andere Produkte des Serotyps, z.B. von Ipsen, nur genutzt werden, wenn der Hersteller eine eigene Validierungsstudie für seine Produkte erfolgreich abgeschlossen hat. Wie der Stand bei Ipsen ist, ist nicht bekannt.

Andere Wissenschaftler arbeiten bereits seit einiger Zeit an einer Tierversuchsalternative für den Serotyp b. So wurde der Anästhesist Dr. med. Veit-Simon Eckle vom Uniklinikum Tübingen für zwei Jahre vom Land Baden-Württemberg für die Durchführung einer Studie zur Entwicklung einer
Tierversuchsalternative mit dem Botulinumtoxin Serotyp b unterstützt. Im August erschien hierzu eine Publikation in der Zeitschrift Toxicology Letters (1). Leider basiert der Test auf Skelettmuskelzell-Kokulturen, die der Wirbelsäulenmuskulator von C57/BL6J-Mäusen entstammen.

Ein anderes Verfahren haben der Postdamer Ernährungswissenschaftler Prof. Gerhard Püschel und sein Team entwickelt. Unter seiner Leitung führten  die Forscher eine Machbarkeitsstudie durch und konnten zeigen, dass ihr neues Verfahren für alle verschiedenen Botulinumtoxin-Typen angewandt werden kann. Die Methode basiert nicht auf einem immonologischen Prinzip, sondern die Forscher nutzen ein Lumineszenz-Enzym des Glühwürmchens, das die Menge an freigesetztem Neurotransmitter bestimmen lässt. Das Team hat in diesem Jahr den Tierschutzforschungspreis des Landes Berlin erhalten.

Quellen und Literatur:
http://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2015/
http://www.invitrojobs.com/index.php/de/neuigkeiten/
http://www.invitrojobs.com/index.php/de/neuigkeiten/

(1) Veit-Simon Eckle, Monika Balk, Horst Thiermann, Bernd Antkowiak & Christian Grasshoff (2015): Botulinum toxin B increases intrinsic muscle activity in organotypic spinal cord–skeletal muscle co-cultures. http://dx.doi.org/10.1016/j.toxlet.2015.08.003