Sonntag, 10 Januar 2016 23:12

Humane induzierte pluripotente Stammzellen und Transposons Empfehlung

Ein deutsch-australisch-spanisches Forscherteam hat beobachtet, dass es während der Reprogrammierung und Kultivierung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen zu einer Mobilisierung und zum Einbau von Transposons (springenden Genen) in das Zellgenom kommt. Sie warnen davor, dass diese Transposons Mutationen auslösen könnten.

Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Prof. Dr. Gerald Schumann von der Abteilung Medizinische Biotechnologie des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen hat in Kooperation mit den Arbeitsgruppen von Prof. Geoffrey Faulkner (Mater Research Institute-University of Queensland, Australia) und Prof. Jose Garcia-Perez (Pfizer/University of Granada and Andalusian Regional Government Center for Genomics and Oncology) nachgewiesen, dass sowohl während der Reprogrammierung als auch während der nachfolgenden Kultivierung von humanen iPS-Zelllinien eine Mobilisierung und ein Neueinbau  sogenannter Transposons (springender Gene) stattfinden (1).

Springende Gene (Transposons) duplizieren und verteilen sich über einen Copy & Paste-Mechanismus im Genom und können im schlimmsten Fall sich in eine Gensequenz reinsetzen und damit z.B. ein wichtiges Gen funktionsunfähig machen. Sie kommen quasi in allen Eurkaryonten vor. Sie sind Elemente des menschlichen Genoms. Man vermutet, dass es sich hier um von Retroviren abgeleitete DNA handelt (2). Forscher vermuten, dass es mindestens 65 Fälle menschlicher Erkrankungen gibt, sich sich auf einen Transposoneinbau zurückführen lassen (3), es gibt Hinweise, dass dieser Einbau in das Genom während der frühen Entwicklungsphase stattfindet (4). Auch ein Zusammenhang zwischen dem Einbau von Transposons und z.B. Schizophrenie wird diskutiert (5).

Für ihre Untersuchungen verwendeten die Forscher eine neuartige Hochdurchsatz-Sequenziermethode mit der Bezeichnung „Retrotransposon Capture Sequencing“ (RC-Seq). Mit dieser Technik verglichen sie die Genome von acht humanen iPS-Zelllinien mit denen ihrer differenzierten Vorläuferzellen, aus denen sie durch Reprogrammierung hervorgegangen waren. 50 Prozent der Untersuchten Zellkulturen trugen ein nicht gewünschtes Transposon sowie Kopien dieser Sequenz, die in der Lage waren, sich wiederum in andere Stellen des Genoms reinzusetzen.

Die Forscher fürchten, dass hierdurch die genomische Integrität von pluripotenten Stammzellen beeinträchtigt werden kann. Dies werfe Fragen bezüglich der Sicherheit von Zelltherapien auf, bei denen differenzierte Zellen zum Einsatz kämen, die sich von solchen humanen iPS-Zellen ableiteten, erklärte Prof. Schumann die Bedeutung dieser Ergebnisse in einer aktuellen Pressemitteilung anlässlich der Publikation der Befunde im Journal Nature Communications.

Die Forscher plädierten daher für Sicherheitstests vor Anwendung von humanen pluripotenten Stammzellen bei der regenerativen Medizin.

Originalpublikation:
Klawitter, S Fuchs, NV, Upton, KR, et al. (2016): Reprogramming triggers endogenous L1 and Alu retrotransposition in human induced pluripotent
stem cells. NATURE COMMUNICATIONS 7:10286, DOI: 10.1038/ncomms10286.

Quellen:
(1) http://www.pei.de/DE/infos/presse/
(2) http://www.spektrum.de/lexikon/biochemie/transposon/6301
(3) Reilly, MT, Faulkner, GJ, Dubnau, J. et al. (2013): The Role of Transposable Elements in Health and Diseases of the Central Nervous System.
The Journal of Neuroscience 33(45): 17577–17586.
(4) Levin, HL& Moran, JV. (2011): Dynamic interactions between transposable elements and their hosts. Nat Rev Genet. 12(9): 615–627.
doi:10.1038/nrg3030.
(5) Osterkamp, J. (2014): In Schizophrenie-Neuronen sind springende Gene hyperaktiv. http://www.spektrum.de/news/in-schizophrenie-neuronen-sind-springende-gene-hyperaktiv/1219452
(6) Transposons und Retroviren: http://link.springer.com/chapter/10.1007/3-540-29048-6_9