Montag, 19 Februar 2024 11:12

Schwer belastende Schwimmversuche - Australien geht voran Empfehlung

Die Abgeordnete des australischen Parlaments in New South Wales, Emma Hurst, hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Animal Research Acts 2023 ins Parlament eingebracht. Darin geht es darum, den schwer belastenden Schwimmversuch sowie Rauchinhalationsversuche an Nagetieren zu verbieten. Die Entscheidungen haben bereits Auswirkungen auf die Forschung in einigen australischen Einrichtungen. So sollen u.a. die University of Adelaide und die University of South Australia Forschern verboten haben, den Zwangsschwimmtest zu verwenden.


Renommierte internationale und auch deutsche Tierrechtsorganisationen kämpfen seit Jahren für ein Verbot des erwungenen Schwimmtest. Er wurde 1977 von Roger Porsolt und Kollegen als Modell für die Vorhersage der klinischen Wirksamkeit von Antidepressiva entwickelt. Heute wird er in der Grundlagenforschung, beim pharmazeutischen Screening potenzieller antidepressiver Wirkstoffe und zur Beurteilung depressionsähnlichen Verhaltens in "Tiermodellen" eingesetzt. Der Test basiert auf der Annahme, dass ein Tier, das in einen mit Wasser gefüllten Behälter gesetzt wird, zunächst versucht zu entkommen, aber schließlich eine Unbeweglichkeit zeigt, die als ein Maß für verzweifeltes Verhalten angesehen wird.

Ratte im Forced Swim Test.
Foto: Wikipedia.


In Deutschland sind derartige Tests noch erlaubt: In Deutschland wurden in den Jahren 2017 und 2023 allein 21 Anträge mit knapp 15.500 an Ratten und Mäusen bewilligt. Zahlreiche Menschen haben sich in europäischen Unterschriftenaktionen für ein Verbot ausgesprochen.

Die Schwimmversuche werden aus Tradionsgründen immer wieder eingesetzt - scheinbar, weil es auf dem Forschungsgebiet alle so machen. Und das ist eines der Probleme: "Nach neueren Untersuchungen sind Schwimmversuche schwer belastend und haben nicht die Aussagekraft, die ihnen gerne beigemessen werden", so Dr. Christiane Hohensee, Leiterin der Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs.

Trotz seiner Attraktivität wegen seiner Einfachheit hat dieses Modell eine Reihe von Nachteilen. Bei der Wirkstoffbeurteilung ist die verstärkende Wirkung durch chronische Gabe bei diesem Test nicht darstellbar. zudem kommt es aufgrund der Aversion, die Versuchstiere gegen den Test entwickeln, zu beeinflussten Versuchsergebnissen. Der Forced Swim Test wird auch von der Pharmaindustrie für ungenau bei der Identifizierung neuer Antidepressiva eingeschätzt. Untersuchungen ergaben, dass von 109 im Tiertest identifizierten Wirkstoffen nur 28 % auf ihre antidepressive Wirkung beim Menschen untersucht worden waren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in Studien erhebliche Bedenken hinsichtlich seiner theoretischen und prädiktiven Validität geäußert. So bewertet der Forced Swim Test hauptsächlich Bewältigungsstrategien in einer unausweichlichen Situation.

Meist wurden die Versuche in Tierversuchsanträgen unrichtigerweise als nur mittel belastend beschrieben und genehmigt. Und das Ergebnis steht nicht im Verhältnis zu den hohen Belastungen, denen die Tiere ausgesetzt sind, denn sie wissen nicht, ob sie jemals aus dem Wasserbecken ohne Ausgang wieder herauskommen. Nach Artikel 15 (2) der europäischen Tierversuchsrichtlinie 63/2010/EU haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass ein Verfahren nicht durchgeführt wird, wenn es starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können.

Quellen:
(1) https://www.parliament.nsw.gov.au/bills/Pages/bill-details.aspx?pk=18431
(2) https://www.nhmrc.gov.au/research-policy/ethics/statement-forced-swim-test-rodent-models
(3) https://cosmosmagazine.com/people/ethics/top-medical-research-body-says-these-two-tests-on-mice-and-rats-should-end/
(4) https://www.animaltestinfo.de/
(5) https://www.schwimmen-bis-zur-verzweiflung.de/
(6) Yankelevitch-Yahav R, Franko M, Huly A, Doron R. The forced swim test as a model of depressive-like behavior. J Vis Exp. 2015 Mar 2;(97):52587. doi: 10.3791/52587. PMID: 25867960; PMCID: PMC4401172.
(7) Trunnell ER, Carvalho C. The forced swim test has poor accuracy for identifying novel antidepressants. Drug Discov Today. 2021 Dec;26(12):2898-2904. doi: 10.1016/j.drudis.2021.08.003. Epub 2021 Aug 12. PMID: 34390862.
28287253; PMCID: PMC5518600.
(8) Commons KG, Cholanians AB, Babb JA, Ehlinger DG. The Rodent Forced Swim Test Measures Stress-Coping Strategy, Not Depression-like Behavior. ACS Chem Neurosci. 2017 May 17;8(5):955-960. doi: 10.1021/acschemneuro.7b00042. Epub 2017 Mar 22. PMID: 28287253; PMCID: PMC5518600.