Dienstag, 15 Dezember 2015 15:01

Cholesterinforschung in vitro Empfehlung

Ein französisches Wissenschaftlerteam hat sich mit der Wirksamkeit von PCSK9-Inhibitoren bei Patienten mit erblicher Mutation des Enzyms PCSK9 beschäftigt. Für ihre Untersuchungen nutzten sie humanen Leberzellmodelle, die sie aus induzierten pluripotenten Stammzellen, gewonnen aus Zellen von Urinproben hergestellt hatten.

Ein zu hoher Cholesterinspiegel im Blut gilt als Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose. Durch die Ablagerungen an den Gefäßinnenseiten kann es zu Folgeerscheinungen wie einem Herzinfarkt kommen. Die Verantwortlichkeit von Cholesterin in den Ablagerungen (Plaques) wird verschiedentlich angezweifelt, nicht jedoch, dass Cholesterin als Bestandteil in den Plaques gefunden wird (1). Cholesterin ist für den Transport an Lipoproteine gebunden. Unterschieden wird zwischen 6 verschiedenen Typen, wobei hohe Mengen des Low Density Lipoprotein (LDL)-Cholesterins als bedenklich gelten sollen, vor allem, wenn die Betroffenen Raucher sind oder bereits unter Bluthochdruck leiden.

Viele Betroffene könnten vielleicht mit einer Ernährungsumstellung (2, 3) oder Sport entgegenwirken, anderen Menschen, vor solche, die erblich bedingt an einer Hypercholesterinämie leiden, wird mit Hilfe einer medikamentösen Behandlung z.B. mit Statinen geholfen. Diese Statine sollen z.B. nach einem Herzinfarkt die Gefahr für einen erneuten Herzinfarkt um teilweise mehr als 30 % senken können (4). Mit Statinen lässt sich eine Verringerung von Gesamt-Cholesterol und LDL-Cholesterol durch unterschiedliche Effekte erzielen (5).  

PCSK9 ist ein Protein-spaltendes Enzym und wichtig bei der Modulation des Cholesterin-Gleichgewichts. Durch Entfernen eines Proteinsegments wird ein bislang inaktives Vor-Protein erst aktiv. Es vermindert die Anzahl an LDL-Rezeptoren an der Zellmembran der Leberzellen und erhöht dadurch
LDL-Cholesterin im Blut. Es liegt daher nahe, die Funktion dieses auch als Konvertase bezeichneten Enzyms mit einem Inhibitor herunterzuregulieren.

Bei einer erblichen Mutationsform des PCSK9 ist das Enzym verstärkt aktiv. In der Wissenschaft spricht man von eine "Gain-of-function"-Mutation, obgleich das Enzym auch vorher schon funktionsfähig war, die Funktion jedoch nun atypisch verändert (verstärkt) ist und zu einer Hypercholesterin- ämie führt (6). Im umgekehrten Fall gibt es eine Mutation, bei der es zu einer reduzierten Aktivität des Enzyms oder einer Abnahme der Menge
des Enzyms in den Zellen kommt (Hypobetalipoproteinämie) (7).

Für ihre Studie haben die Forscher von gesunden Probanden und Patienten mit der "gain-of-function"-mutation und der "loss-of-function"-Mutation
somatische Zellen aus Urinproben isoliert, diese in induzierte pluripotente Stammzellen verwandelt und daraus hepatozyten-ähnliche Zellen entwickelt.
Diese Zellkulturmodelle nutzen sie in der mit dem Ziel, die Funktion des Enzyms PCSK9 zu untersuchen und die Reaktion der verschiedenen Zellmodelle auf eine anfängliche Therapie mit Statinen zu beobachten.

In ihrer Machbarkeitsstudie konnten sie zeigen, dass die Leberzellmodelle aus den iPS-Zellen in erwarteter Weise auf die Behandlung mit Statinen reagierten. Patientenzellen mit spezieller gain-of-function-Mutation beim PCSK9-Enzym reagierten stärker auf Statine als Zellen der gesunden Probanden. Die Beobachtungen korrelierten mit den klinischen Befunden am Patienten.

Die Studie zeigte nicht nur die Möglichkeit, aus Urinproben nicht invasiv somatische Zellen von Patienten zu gewinnen, sondern demonstriert auch, dass es möglich ist, mit der Technik der induzierten pluripotenten Stammzellen humanspezifische Modelle menschlicher Stoffwechselerkrankungen zu erzeugen.
 
Originalliteratur:
Karim Si-Tayeb, Salam Idriss, Benoite Champon, et al. (2015): Urine-sample-derived human induced pluripotent stem cells as a model to study PCSK9-mediated autosomal dominant hypercholesterolemia. Disease Models & Mechanisms (2015) 0, 1-10 doi:10.1242/dmm.022277.

Quelle:
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2015-11/tcob-usc111615.php

(1) http://www.spektrum.de/news/die-cholesterin-bombe/1204826
(2) Wolfram, G, Bechthold, A, Boeing, H. et al. (2015): Evidence-Based Guideline of the German Nutrition Society: Fat Intake and Prevention of
Selected Nutrition-Related Diseases. Annals of nutrition & Metabolism 67: 141-204.
(3) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2015): Ausgewählte Fragen und Antworten zur 2. Version der DGE-Leitlinie „Fettzufuhr und
Prävention ausgewählter ernährungsmitbedinger Krankheiten“, Bonn.
(4) http://www.herzstiftung.de/Cholesterin.html
(5) Taylor F, Huffman MD, Macedo AF, et ak. (2013): Statins for the primary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev.
1:CD004816. doi: 10.1002/14651858.CD004816.pub5.
(6) http://ghr.nlm.nih.gov/gene/PCSK9
(7) http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?lng=DE&Expert=31154