Dienstag, 07 Juli 2015 09:30

Demenz in der Petrischale Empfehlung

Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Münster und des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster haben mithilfe induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS) ein in-Vitro-Krankheitsmodell der Frontotemporale Demenz (FTD) entwickelt.

Dafür haben sie Hautzellen von Patienten mit FTD-assoziierten Tau-Mutationen zu induziert pluripotenten Stammzellen (iPS) reprogrammiert und
diese iPS-Zellen dann in die Nervenzellen weiterentwickelt, um sie praktisch in unbegrenzten Mengen zu verfügbar zu machen. Denn eine Untersuchung der Ursachen der Erkrankung war bislang schwierig, weil nicht genügend betroffene Nervenzellen gewonnen werden konnten.

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der es, wie bei Alzheimer, in vielen Patienten zu Ablagerungen des
sogenannten Tau-Proteins in verschiedenen Hirnregionen kommt. Die Nervenzellen sterben ab. Allein in Deutschland sind etwa 33.000 Menschen
von dieser Krankheit betroffen, wobei die genauen Mechanismen für die Neurodegeneration bislang nicht bekannt seien, hieß es in einer
Pressemeldung zum Thema. Bei etwa 15 bis 20 Prozent dieser Patienten ist das Gen, das für das Protein Tau kodiert, verändert, so schreiben
die Forscher um Prof. Dr. Tanja Kuhlmann und Dr. Gunnar Hargus vom Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Münster sowie
Dr. Jared Sterneckert vom MPI, jetzt Center für Regenerative Therapien (crt) in Dresden.

Sie konnten zeigen, dass die Nervenzellen mit einer Tau-Mutation unter simulierten Stressbedingungen schneller absterben als Nervenzellen ohne eine Tau-Mutation. Sie fanden ein Gen mit dem Namen MAGEH1, das eine besondere Schutzfunktion gegen Stress in den Zellen hat. Auch in Biopsien verstorbener Erkrankter fanden die Forscher, dass dieses Gen besonders aktiv gewesen war. In Zellkulturversuchen mit dem FTD-Modell konnten sie zeigen, dass bei Drosselung dieses Schutzgens es den Zellen schlechter ging.

Das FTD-iPS-Zellmodell kann für Medikamentenscreenings genutzt werden, um mögliche Substanzen zu testen, mit denen der stressbedingte Zelltod
in den erkrankten Nervenzellen rückgängig gemacht werden könnte.

Originalpublikation
Marc Ehrlich, Anna-Lena Hallmann, Peter Reinhardt, Marcos J. Araúzo-Bravo, Sabrina Korr, Albrecht Röpke, Olympia E. Psathaki, Petra Ehling,
Sven G. Meuth, Adrian L. Oblak, Jill R. Murrell, Bernardino Ghetti, Holm Zaehres, Hans R. Schöler, Jared Sterneckert, Tanja Kuhlmann,
Gunnar Hargus (2015): Distinct neurodegenerative changes in an induced pluripotent stem cell model of frontotemporal dementia linked to mutant
TAU protein.Stem Cell Reports, online vorab 02. Juli 2015, doi:10.1016/j.stemcr.2015.06.001

Quelle:
http://www.mpg.de/9304959/Demenz_in_der_Petrischale
http://www.crt-dresden.de/de/forschung/crtd-kerngruppen/sterneckert.html