Montag, 05 Juli 2010 09:20

Neues „Lunge-auf-dem-Chip“ Messmodul: „Organs-on-chips“ können künftig viele Tierversuche ersetzen

Donald E. Ingber, Harward Univ., Boston (MA/USA), und seine Kollegen haben ein Messmodul erstellt, das eine menschliche Lunge auf einem Chip simuliert. Lungen- und Blutzellen wurden mit modernen Mikrofabrikations-Techniken aus der Computerindustrie sowie Tissue-Engineering Techniken bearbeitet. Die Möglichkeiten dieser „Lunge-auf-dem-Chip“, die Aufnahme von in der Luft verteilten Nanopartikeln vorherzusagen sowie entzündliche durch mikrobielle Krankheitserreger ausgelöste Prozesse zu untersuchen, ist ein weiterer Beweis für das Konzept, dass „Organe-auf-dem-Chip“ viele Tierversuche ersetzen könnten.


Die „Lunge-auf-dem-Chip”, in der Größe eines Radiergummis, ist durchsichtig und stellt damit eine Einblicksmöglichkeit in die inneren Vorgänge einer menschlichen Lunge dar. Und dies, ohne in einen lebenden Körper invasiv einzugreifen. Das Messmodul könnte ein wertvolles Werkzeug werden, um die Effekte von Toxinen in der Umwelt sowie der Absorption von Therapeutika, die versprüht werden, zu bestimmen, als auch Untersuchungen zur Sicherheit und Effizienz neuer Arzneistoffe anzustellen. Die pharmazeutische Entwicklung könnte dadurch beschleunigt werden.[1]

Die Möglichkeiten dieses Messmoduls, die Absorption luftgebundener Nanopartikel vorherzusagen, als auch die entzündlichen Prozesse, die durch mikrobielle Pathogene hervorgerufen werden zu simulieren, ist ein weiterer Beweis dafür, dass das Konzept der „organs-on-a-chip“ viele Tierexperimente ersetzen kann.[1] Denn zahlreiche, heute noch notwendige Tierversuche vor der Freigabe neuer Arzneien oder für die Risikobewertung winziger Nanopartikel, könnten durch solche Messmodule vermieden werden.[2] So schreiben die Autoren in ihrem im Juni 2010 in science erschienenen Aufsatz: „Mechanically active ‘organ-on-a-chip’ microdevices that reconstitute tissue-tissue interfaces critical to organ function may therefore expand the capabilities of cell culture models and provide low-cost alternatives to animal and clinical studies for drug screening and toxicology applications.“[3]

Zur Person: Donald E. Ingber, M.D., Ph.D,  ist Co-Direktor des Harvard’s Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering und Direktor am Children’s Hospital of Harvard’s Center for Integration in Medicine and Innovative Technology, Boston MA. Er ist Judah Folkman Professor of Vascular Biology in der Abteilung  für Pathologie an der Harvard Medical School und den Abteilungen für Pathologie und Chirurgie am Kinderhospital in Boston. Seine Pionierarbeit, die demonstriert, dass lebende Zellen sich selbst mechanisch im Nanometerbereich strukturieren, und dass physikalische Kräfte, die über die extrazelluläre Matrix und Netzwerke des Zellskeletts einwirken, die Gewebeentwicklung regulieren, hat auch neue und höchst relevante Entwicklungskriterien für Nanotechnologen und Forscher aus dem Bereich des Tissue Engineering offengelegt.[4]

 

Weiterführende Informationen: Wyss Institute, Boston, News-Kolumne, 24.06.2010: „Living, breathing human lung-on-a-chip: A potential drug-testing alternative

 

[1] Ingber, D., Harvard: Living, breathing human lung-on-a-chip June 29, 2010. <http://www.outlookseries.com/N8/Science/3983_Donald_Ingber_Harvard_human_lung-on-a-chip_Donald_Ingber.htm> (05.07.2010)

[2] Huh D., Matthews B. D., Mammoto A., Montoya-Zavala M., Hsin H. Y., Ingber D. E. Reconstituting organ-level lung functions on a chip. In: Science. 2010 Jun 25; 328(5986):1662-8.
<http://dx.doi.org/10.1126/science.1188302>

[3] Löfken, J. O.: Lunge auf dem Chip. Mit Membranen und winzigen Mikrokanälen simulieren Forscher das Verhalten von Lungenbläschen. In: Wissenschaft aktuell, 25. Juni 2010: <http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Lunge_auf_dem_Chip1771015586916.html> (05.07.2010)

[4] North Carolina Biotechnology Center: „Dr. Don Ingber Biography”, <http://www.ncbiotech.org/nanotech/ingber_bio.html> (05.07.2010)