Dienstag, 28 April 2015 09:50

4. Podiumsdiskussion zu Tierversuchsersatzmethoden in der Urania Empfehlung

Unter dem Motto "Forschung ohne Tierversuche - ein ethisches Gebot" fand in diesem Jahr zum 4. Mal das Podiumsgespräch in der Berliner Urania statt.

Als Podiumsgäste waren diesmal der Staatsrechtler Prof. Dr. Christian Pestalozza von der FU Berlin und Mitglied der Ethikkommissionen bei Ärztekammer und Land Berlin, Prof. Dr. Gerhard Paul Püschel von der Uni Potsdam, Entwickler einer In-vitro-Ersatzmethode für die Testung von Botulinumtoxin sowie Dr. Ralf Herwig vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Tierschutzforschungs-preisträger des BMEL 2012. Moderiert wurde die Veranstaltung von André Tonn, Wirtschaftsjournalist von Info-Radio des RBB. Veranstaltungsorganisator war das Bündnis Tierschutzpolitik.



 

Urania-Veranstaltung Forschung ohne Tierversuche – ein ethisches Gebot.
Von links nach rechts: Prof. Pestalozza (FU Berlin), Info-Radio Moderator André Tonn, Dr. Ralf Herwig (MPI Berlin) und Prof. Gerhard Püschel (Uni Potsdam). Foto: Christiane Hohensee


Dr. Herwigs Entwicklung eines in-silico-Verfahrens für Leberkrebstests auf Basis humaner Leberzellen aus Stammzellen erspart eine Vielzahl an Ratten- und Mäuseversuchen den sicheren Tod in Langzeit-Toxizitätstests. Er wies darauf hin, dass herkömmliche Karzinogenitätsstudien mit Tieren bis zu 90 Prozent falsch-positive Ergebnisse zeigen. In Deutschland würden die verfügbaren technischen Möglichkeiten zu Zwecken der tierversuchsfreien Forschung noch gar nicht ausreichend genutzt.

Prof. Püschel hat ein aussagekräftiges Verfahren zum Test des Botulinumtoxins entwickelt. Er erklärte, weshalb ein Hersteller wie Merz nicht einfach den In-vitro-Test von Allergan übernehmen kann: von Botulinumtoxinen gibt es eine Vielzahl an sogenannten „Serotypen“, und für jeden Serotyp muss eine In-vitro-Methode speziell entwickelt und angepasst werden. Sein Test arbeitet mit Vesikelproteinen in Nervenzellen, an die ein Fluoreszenzmarker angehängt wird. Ist nun das Botox-Toxin aktiv, kann weniger Menge des Fluoreszenzmarkers festgestellt werden. So lässt sich die Konzentration des Toxins ermitteln. Das Verfahren muss noch validiert werden. Und dafür ist eine Finanzierung nötig.

Staatsrechtler Prof. Pestalozza stellte kurz seine Sichtweise für eine Kategorisierung der Unerlässlichkeit dar. Tierversuche seien „fremdnutzige Versuche“, weil die Ergebnisse nicht dieser Tierspezies, sondern dem Menschen dienen. Und die hält er grundsätzlich für nicht vertretbar. Zum Staatsziel Tierschutz klärte er auf: Staatsziel Tierschutz bedeutet nur, der Staat soll das Ziel im Auge behalten und nicht verlieren.