Diese Seite drucken
Artikel bewerten
(0 Stimmen)
Montag, 29 Juni 2020 09:48

DNT: Gemische können schädigender sein als Einzelchemikalien Empfehlung

Wissenschaftler*innen des Joint Research Centers der Europäischen Union haben mit Zellkulturen und einem mathematischen Modell festgestellt, dass die Wirkungen von Chemikaliengemische auf das sich entwickelnde menschliche Gehirn schädlicher sein kann als die Summe der einzeln in Tests ermittelten Chemikalienwirkungen.

Das JRC-Team setzte in der Entwicklung befindliche menschliche Gehirnzellen einzelnen Chemikalien und deren Mischungen in Konzentrationen aus, die tatsächlich in menschlichen Proben gefunden wurden, um die reale Exposition zu simulieren.

Für ihre Untersuchungen verwendete das Forscherteam von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPSC) abgeleitete neurale Vorläuferzellen, die in Mischkulturen bestehend aus Neuronen und Astrozyten differenziert wurden. Untersucht wurden dann die Chemikalienwirkungen auf die Synaptogenese, den Neuritenauswuchs und den Gehalt an Proteinen des hirnabgeleiteten neurotrophen Faktors (BDNF) in den Nervenzellen. Die Wissenschaftler*innen verwendeten Chemikalien mit ähnlichem und unähnlichem Aktionsmechanimus, jedoch übereinstimmenden Key event eines adverse outcome pathways (AOP), der zu einem entwicklungsneurotoxischen unerwünschten Ereignis führt.

Ein AOP ist die strukturierte Darstellung eines biologischen Eriegnisses entlang einer oder mehrerer Serien von kausal zusammenhängenden Schlüsselereignissen (KE) zwischen einem molekularen auslösenden Ereignis (MIE) und einem unerwünschten Ausgang (Adverse outcome, AO).

Das Team vom JRC stellte fest, dass Chemikalien ungiftiger Konzentrationen in einer Mischung negative Auswirkungen auf die Entwicklung menschlicher Gehirnzellen haben können. Die Chemikaliengemische veränderten mehrere zelluläre Prozesse signifikant, die bekanntermaßen Indikatoren für Entwicklungsneurotoxizität (DNT) sind, insbesondere solche, die mit kognitiven Defiziten bei Kindern zusammenhängen.

Die Forscher*innen schlussfolgerten, dass so genannte Mischeffekte aufgrund ihrer additiven oder in einigen Fällen sogar synergistischen Wirkung größer sein können als die Effekte, die durch die stärkste Einzelchemikalie in einem Gemisch ausgelöst werden.

Originalpublikation:
Pistollato, F., Mendoza de Gyves, E., Carpi, D., Bopp, S. K., Nunes, C. Worth. A. & Bal-Price, A. (2020). Assessment of Developmental Neurotoxicity Induced by Chemical Mixtures Using an Adverse Outcome Pathway Concept. Environ Health. 19/1: 23. doi: 10.1186/s12940-020-00578-x.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32093744/

Quelle:
https://ec.europa.eu/jrc/en/science-update/effects-chemical-mixtures-developing-brain