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Donnerstag, 24 Oktober 2019 11:13

Tierschutzforschungspreis des BMEL für IfADo-Nachwuchsforscherin Empfehlung

Der diesjährige 38. Tierschutzforschungspreis des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft geht an Wiebke Albrecht vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der Technischen Universität Dortmund (IfADo). Sie hat gemeinsam mit internationalen Kollegen eine Methode entwickelt, um die Leistungsfähigkeit von in vitro-Lebertoxizitäts-Testsystemen zu beurteilen und zu verbessern.


Frau Albrecht habe mit ihrer Arbeit die Jury nicht nur überzeugt, sondern begeistert, äußerte sich Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens und betonte die praktischen Bezug. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, dass Tierversuche auf das absolut notwendige Minimum beschränkt werden müssten, im besten Fall könnten sie ganz entfallen und durch moderne Methoden ersetzt werden. Dazu leiste die diesjährige Preisträgerin Wiebke Albrecht einen wichtigen Beitrag. 


Preisträgerin Wiebke Albrecht mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.
Foto: Christiane Hohensee


Ein mögliches Risiko von Leberschäden für den Menschen durch Substanzen wie Medikamente lassen sich in Tierversuchen nicht sicher erkennen. Jedoch lassen sich mit Hilfe von Alternativen in Form moderner Testsysteme aus menschlichen Leberzellen derzeit nicht genau bestimmen, ob die Substanz auch tatsächlich in vivo im Menschen toxisch oder harmlos ist. Es konnte bislang auch nicht zuverlässig beurteilt werden, welche der vielen erhobenen Meßwerte am besten geeignet sind, um die in vivo-Situation im Organismus nach oraler Aufnahme eines Arzneimittels abzubilden.

Hier setzt nun die neue Methode der Preisträgerin Wiebke Albrecht und ihres Teams an. Sie entwickelte zwei mathematische Formeln, die am Ende Maßzahlen angeben, durch die zum einen die Ja/Nein-Situation bewertet werden kann, ob eine Substanz lebertoxisch oder nicht-toxisch ist (Toxizitätsseparationsindex, TSI). Zu anderen wurde die zweite Maßzahl entwickelt, um genau abzuschätzen zu können, ab welcher Konzentration lebertoxische Effekte im Körper wahrscheinlich auftreten werden (Toxizitätsestimationsindex, TEI). Nach einem komplizierten Analysevorgang der eingespeisten Daten wird ein Extrapolationsplott dargestellt, anhand dessen sich die Ergebnisse ablesen lassen. Das Modell läßt sich anwenden, wenn die maximale Blutkonzentration der Testsubstanz im Menschen bekannt ist.

Um ihr Modell auf Tauglichkeit zu überprüfen, testete sie 28 Arzneimittel, von denen eine Toxizität bzw. eine Nicht-Toxizität bekannt ist, in primären menschlichen Hepatozyten und wandte anschließenden ihr neues Modell an. Es wurden außerdem Arzneimittel getestet, von denen bekannt ist, ab welcher Konzentration eine Lebertoxizität auftritt. Die Ergebnisse waren vielversprechend: Mit dem Modell wurden alle lebertoxischen Arzneimittel richtig vorhergesagt. Lediglich bei den nicht-toxischen Arzneimitteln gab es zwei falsch-positive Resultate.

Beim Optimierungsprozess des Modells fand das  Wissenschaftlerteam zudem heraus, dass die optimale Zell-Inkubationszeit für die Tests nicht mehrere Tage ist, sondern nur 24 Stunden. Auch ermittelten sie, dass es genauer ist, die Konzentration als die niedrigste toxische Konzentration zu nutzen, bei der 10 Prozent der Zellen abgestorben sind.

Die Erkenntnisse haben unmittelbaren praktischen Bezug für den Umgang mit in vitro-Zellkulturen und die Übertragbarkeit der Ergbnisse auf die tatsächliche Humansituation im Menschen. Mit dem Modell ließ sich auch zuverlässig bestimmen, welche Höchstmengen eines Lebensmittelzusatzstoffs unbedenklich jeden Tag konsumiert werden können (Margin of Safety). Dadurch lassen sich aufwändige Fütterungsstudien mit Tieren einsparen.

Originalpublikation:
Albrecht, W., Kappenberg, F., Brecklinghaus, T. et al.: Prediction of human drug-induced liver injury (DILI) in relation to oral doses and blood concentration. Arch. Toxicol. 93: 1609-1637 (2019). doi: 10.1007/s00204-019-02492-9

Hier geht es zur Pressemitteilung:
https://www.ifado.de/2019/10/22/tierschutzforschungspreis-2019-bmel/