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Donnerstag, 12 Oktober 2017 17:14

Tierschutzforschungspreisverleihung 2017 in Berlin Empfehlung

Heute wurde der 4. Tierschutzforschungspreis des Landes Berlin vergeben. Der Preis geht zu gleichen Teilen an eine Forschergruppe, die eine in vitro-Plattform zur Erkennung von Influenzasubtypen entwickelt hat und an ein Forscherteam, das eine High-Content-Plattform mit dreidimensionalen humanen Hirngewebe zur Schlaganfallforschung etabliert.

Durch die hohe Anzahl an hochqualitativen Bewerbungen in diesem Jahr war die Auswahl schwierig, so dass zwei Forscherteams ausgezeichnet wurden. Die Forschungspreissumme in Höhe von 25.000 Euro wird zum einem durch das Land Berlin, zum anderen durch den Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) gestiftet. Er sei ein Ausdruck dafür, dass die Methoden gebraucht und wertgeschätzt werden, so Dr. Siegfried Throm vom Verband der forschenden Arneimittelhersteller (vfa).

Und neue Methoden zum Ersatz von Tierversuchen sind notwendig, denn im Jahr 2016 wurden 252.246 Tiere in Berlin in Tierversuchen eingesetzt, berichtete Dr. Johanna Hößler, Fachleiterin beim Landesamt für Gesundheit und Soziales und für die Genehmigung von Tierversuchsanträgen zuständig. Einen leichten Rückgang habe es lediglich im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche gegeben, in der Grundlagenforschung und translationalen Forschung dagegen einen Anstieg. Berlin, so Dr. Dirk Behrendt (Bündnis 90/Grüne), Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, habe sich vorgenommen, die Hauptstadt der Alternativmethoden zu werden. Er verwies auf den unlängst geschlossenen Charitévertrag. Der Universitätsmedizin käme gemeinsam mit der Einsteinstiftung und weiteren Einrichtungen diese Aufgabe zu. Aber nicht nur die Erforschung brauche weitere Anstrengungen, so Behrendt weiter, sondern auch die Etablierung und Anerkennung dieser Verfahren. Denn dies dauere viel zu lange.



Von links nach rechts: Dr. Dirk Behrendt,Senator Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dr. Harald Stachelscheid und Dr. Philipp Mergenthaler vom Zentrum für Schlaganfallforschung der Charité Universitätsmedizin Berlin, Dr. Heidemarie Ratsch, Präsidentin der Tierärztekammer Berlin, Dr. Siegfried Throm, Verband der forschenden Arzneimittelhersteller und Prof. Dr. Ulrich Dirrnagl, Direktor der Abteilung Experimentelle Neurologie der Charité Berlin.
Foto: Christiane Hohensee

In seiner Laudatio für das Preisträgerteam der Charité Berlin ermahnte Prof. Dr. Ulrich Dirrnagl, dass die Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch aber auch nicht unkritisch zu Heilsversprechen führen dürften, die nicht einzuhalten seien. Ebenso wie Tierversuchsergebnisse müssten auch Ergebnisse aus Alternativen zum Tierversuch einer kritischen Überprüfung standhalten und müssten die Erkenntnisse liefern, die dem Menschen dienen. Diesen Weg zu gehen, sei alternativlos.

Ein Preis ging an das Team Dr. Philipp Mergenthaler und Dr. Harald Stachelscheid vom Zentrum für Schlaganfallforschung der Charité Universitätsmedizin Berlin. Die Wissenschaftler etablieren eine High-Content-Plattform für zwei- bzw. dreidimensionale Modelle des menschlichen Gehirns auf der Basis von induzierten pluripotenten Stammzellen. Damit wollen sie die Entstehungsmechanismen des Schlaganfalls erforschen und Wirkstoffe testen. Die Plattform kann auch mit anderen humanen Hirngeweben genutzt werden. Die Stammzelltechnologie ermöglicht, die Hirnzellschädigung in Multiwellplatten zu simulieren für die Schlaganfallforschung zu simulieren. Die Vorarbeiten hierzu sind auszeichnungswürdig, da sie hochbelastende Tierversuche ersetzen kann. Allein im Jahr 2014 wurden zu Erforschung des Schlaganfalls deutschlandweit 70 Genehmigungen mit Tausenden von Ratten und Mäusen erteilt. In diesen Experimenten erfolgt häufig ein operativer Verschluss der mittleren Zerebralarterie der Tiere.



Von links nch rechts: Senator Dr. Dirk Behrendt, Dr. Marc Hovestädt, Dr. Henry Memczak (Universität Potsdam, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Institut für Biochemie und Biologie,), Dr. Sandra Sänger (Robert Koch-Institut, Vertretung für PD Dr. Thorsten Wolff), Dr. Nenand Gajovic-Eichelmann (Projektleiter FluType, Fraunhofer-Institut IZI), Dr. Heidemarie Ratsch, Prof. Dr. Dr. Ralf Einspanier (Laudator, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Veterinär-Biochemie der FU Berlin), und Dr. Siegfried Throm (vfa).
Foto: Christiane Hohensee


Des Weiteren wurde der Forscherverbund der Universität Potsdam, dem Robert-Koch Institut und Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie-Berlin-Brandenburg unter der Mentorenschaft von Prof. Frank Bier ausgezeichnet. Das Team hat die in vitro-Plattform "FluType" zur Erkennung von Influenzasubtypen entwickelt. Zentral sind dabei erzeugte kleinen Eiweißmolekülen (Peptide), welche direkt mit einer spezifischen Eiweißstruktur auf der Oberfläche des Grippevirus interagieren können. Dabei befinden sich die sogenannten Erkennungspeptide auf einer Mikrotiterplatte, auf die die Probe direkt aufgegeben wird. Das Team kann mit ihrem Verfahren u.a. den Einsatz von Frettchen im sogenannten Hämagglutinationsinhibitionstest ersetzen, die dafür mit Grippeviren infiziert werden. Das hier ausgezeichnete neue direkte
Verfahren ermöglicht ein kostengünstiges, zeitnahes Influenzamonitoring, um schneller als bislang und vor allem korrekte Impfempfehlungen abgeben zu können. Dafür sind weder Hühnereier zur Vermehrung der Viren, noch Frettchen oder andere Tiere wie Mäuse notwendig.



Ehrenpreisträgerin Claudia Hämmerling (links) und Staatssektretärin für Verbraucherschutz, Margit Gottstein.
Foto: Christiane Hohensee

Am Rande der Tierschutzforschungspreisverleihung wurde u.a. der langjährige Einsatz von Claudia Hämmerling, tierschutzpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus zwischen 1996-2016, für ihren langjährigen Einsatz für den Tierschutz mit einem Ehrenpreis gewürdigt.