Dienstag, 12 September 2017 08:04

BASF: Peptidassays zur Bestimmung des allergischen Potenzials - Mäuseversuch Adé Empfehlung

Ein Wissenschaftlerteam der Experimentellen Toxikologie und Ökologie der BASF SE in Ludwigshafen hat eine Methode zur Detektion von Stoffen weiterentwickelt, die allergische Hautreaktionen auslösen können. So kann nun auch die Stärke der hautsensibilisierenden Wirkung eines Stoffes vorhergesagt werden. Dies ist wichtig, um nach dem global harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) nicht nur die hautsensibilisierende Wirkung zu kennzeichnen (H317), sondern auch deren Potenz (Kategorien 1A und 1B).

Nach einer langjährigen Entwicklung stehen seit 2012 Methoden zur Prüfung von Chemikalien auf Hautsensibilisierung (d.h. der allergenen Wirkung) zur Verfügung, die mittlerweile auch regulatorisch anerkannt sind. Sowohl die Einzeltests als auch ein abgestuftes Testsystem sind anerkannt, bei dem die drei Einzelassays in einer Abfolge eingesetzt werden. Jedoch war bislang die Bestimmung der Stärke eines hautsensibilisierenden Stoffes in vitro nicht möglich. Daher ist die einzige validierte Methode, mit der diese Potenz derzeit geprüft werden kann, immer noch ein Tierversuch, der sogenannte Local Lymph Node Assay an der Maus (LLNA).

Ein Team unter der Leitung von Britta Wareing von der BASF SE hat nun eine der bereits behördlich zugelassene Methode weiterentwickelt, um die Potenz einer hautsensibilisierenden (allergischen) Wirkung von Chemikalien vorherzusagen zu können. Damit könnten die Mäuseversuche entfallen.



Erfolgreiche Weiterentwicklung des Direct Petide Reactivity Assay (DPRA) zur Messung der Stärke des allergenen Potenzials: BASF Forschergruppe. Erste von rechts: Britta Wareing.
Foto: BASF SE



Für ihren neuen Test haben die Tüftler den sogenannten Direct Peptide Reactivity Assay (DPRA) hinsichtlich dieser Fragestellung optimiert in und zum quantitative  Direct Peptide Reactivity Assay (qDPRA) und kinetic DPRA weiterentwickelt. Beide Methoden untersuchen die Peptidreaktivität zur Bestimmung des Hautsensibilisierungspotentials. Hypothese dabei ist, dass erst durch die Reaktion mit Proteinen niedermolekulare Stoffe Antigene bilden können, die letztendlich dann die Immunreaktionen hervorrufen. Die Menge an so gebildeten Antigenen bestimmt die Potenz.



Prinzip der Haptenbindung. (Nach Wong et al. Frontiers in Pharmacology 2015).

38 Substanzen wurden getestet und an 35 konnte erfolgreich gezeigt werden, dass mit den neuen Methoden die Potenz zu 92% korrekt vorhergesagt werden konnte. Die Methoden wurden kürzlich in der Zeitschrift „Toxicology in Vitro“ veröffentlicht und auf dem „10th Congress on Alternatives and Animal Use in the Life Sciences“ in Seattle vorgestellt und mit großem Interesse aufgenommen.

Zusammen mit den bereits etablierten und akzeptieren Methoden (DPRA, KeratinoSensTM oder LuSens und h-CLAT - OCED Prüfrichtlinie Nr. 442C, D bzw. E) könnten qDPRA und kinetic DPRA hautsensibilisierende Substanzen erkennen und deren Potenz bestimmen. Damit wäre künftig die hautsensibilisierende Wirkung tatsächlich vollständig ohne Tierversuche zu prüfen.

Das global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS, englisch Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals) unterteilt hautsensibilisierende Stoffe in die Unterkategorien GHS 1A und 1B für starke und schwächere hautsensibilisierende Wirkungen.

Die Entwicklungsabteilung für Alternativen zum Tierversuch bei der BASF umfasst über 50 Mitarbeiter in 5 Labors, hat über 20 Methoden im Einsatz und fast noch einmal so viele in der Entwicklung. Das Unternehmen hat maßgeblich durch seine Forschung aber auch durch sein Interesse an der Aufnahme dieser Methoden in die Testvorschriften zum Ersatz von Tierversuchen in den Bereichen Hautreizung und -ätzung, Augenreizung und -ätzung sowie Hautsensibilisierung u.a. beigetragen.

Originalpublikation:
Wareing B, Urbisch D, Kolle SN, Honarvar N, Sauer UG, Mehling A & Landsiedel R (2017): Prediction of skin sensitization potency sub-categories using peptide reactivity data. Toxicology in vitro. 21. August 2017. https://doi.org/10.1016/j.tiv.2017.08.015

Weitere Informationen:
Guidance Document on the Reporting of Defined Approaches and Individual Information Sources to be Used within Integrated Approaches to Testing and Assessment (IATA)for Skin Sensitization, Nr. 256, ENV/JM/MONO(2016)29): https://one.oecd.org/document/ENV/JM/MONO(2016)29/en/pdf
OECD TG 442C: http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-442c-in-chemico-skin-sensitisation_9789264229709-en;jsessionid=1c2323dvhzrsi.x-oecd-live-02
OECD TG 442E: http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-442e-in-vitro-skin-sensitisation_9789264264359-en;jsessionid=1c2323dvhzrsi.x-oecd-live-02
OECD TG 442 D: http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-442d-in-vitro-skin-sensitisation_9789264229822-en;jsessionid=1c2323dvhzrsi.x-oecd-live-02