Dienstag, 18 August 2015 13:19

Organ-on-a-chip: Neuer Mechanismus von Paracetamol entdeckt Empfehlung

Ein Israelisch-deutsches Forscherteam unter der Leitung von Prof. Yaakov Nahmias vom Alexander Grass-Center für Bioengineering an der Hebrew University in Jerusalem hat ein Organ-on-a-Chip-Modell mit einer winzigen Humanleber entwickelt, die mehr als einen Monat lebensfähig ist. Da sie in die Zellen zusätzlich optoelektrische Sensoren einbauten, gelang es ihnen, eine wichtige Entdeckung zur Toxizität von Acetaminophen zu machen - bei uns bekannt als Paracetamol.

Die Langzeit-Toxizität von Acetaminophen wird durch die fremdstoffmetabolisierenden Enzyme CYP2E1 und CYP3A4 vermittelt, der toxische Metabolit N-acetyl-p-benzoquinonimin (NAPQI) bewirkt Protein-Addukte, die u.a. eine schädigende Wirkung auf die Mitochondrien ausüben und daher die Zellatmung beeinträchtigen. Zusätzlich wird eine Entzündungsreaktion in Gang gesetzt.

An der Forschungsarbeit waren u.a. die Arbeitsgruppen von Dr. Claus Duschl vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Zweig
Bioanalytik and Bioprozesse, in Potsdam und Prof. Michael Schwarz vom Institut für Toxikologie der Universität Tübingen beteiligt, die auch in der InVitro+Jobs-Arbeitsgruppenliste vertreten sind.

Für ihre Untersuchungen züchteten die Forscher winzige Leber-Sphäroide aus humanen HepG2/C3A bzw. HeLa-Zellen und nutzen ein integriertes optisches System, bei dem die Zellen mit einem Ruthenium-Farbstoff angefärbt werden. Bei geeigneter Anregung mit 532 nm Licht reagieren die Zellen mit Lichtemission, wobei Sauerstoff dabei als Löscher der Fluoreszenzemission dient. So konnte also die Zellatmung (Echtzeit Sauerstoffmessung) als Marker für den Zustand der Zellen herangezogen werden.

Durch die feinen Untersuchungsmethoden gelang es den Forschern, kleinste und sehr schnelle Veränderungen in der Zellatmung detektieren. Sie maßen, dass Acetaminophen die Zellatmung weitaus schneller und in viel geringeren Dosen blockierte, als gängig angenommen wird. Derzeit geht man davon aus, dass das Pharmakon in den toxischen Metaboliten NAPQI umgewandelt wird und dann erst die Zellen schädigt. Da die Leber NAPQI aber mit eigenen Enzymen deaktivieren kann, ist die gängige Lehrmeinung, dass Acetaminophen erst schädigt, wenn es in hohen Dosen oder bei Lebererkrankungen genommen wird. Dies konnte mit diesen Befunden nun in Frage gestellt werden.

Originalpaper:
Sebastian Prill, Danny Bavli, Gahl Levy, Elishai Ezra, Elmar Schmälzlin, Magnus S. Jaeger, Michael Schwarz, Claus Duschl, Merav Cohen & Yaakov Nahmias (2015): Real-time monitoring of oxygen uptake in hepatic bioreactor shows CYP450-independent mitochondrial toxicity of acetaminophen and amiodarone. Archives of Toxicology. DOI 10.1007/s00204-015-1537-2. http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00204-015-1537-2

Quellen:
http://new.huji.ac.il/en/article/27529?
http://cbsh.cs.huji.ac.il/Center_for_Bioengineering/Welcome.html
http://igz.ch/de/produkte/uebersicht.asp?action=download&fileid=8048
http://www.iom-berlin.de/html/de/produkte/reader/1.04.1.2-nanoscan.htm