Sonntag, 24 Januar 2016 15:21

Isolationsmechanismus zur Gewinnung pluripotenter Stammzellen Empfehlung

Forschern um Dr. Zsuzanna Izsvák vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und Prof. Laurence D. Hurst vom Department of Biology and Biochemistry der University of Bath ist es gelungen, eine Methode zu finden, mit der „naive“ embryonale Stammzellen in Kulturen des Menschen identifiziert werden können.

In einer Zellkultur mit embryonalen Stammzellen befindet sich nur ein geringer Anteil der Zellen in dem urprünglichen, gewünschten pluripotenten Stadium, um sich in verschiedene andere Zelltypen ausdifferenzieren zu können. Sie verlieren in der Petrischale ihren ursprünglichen zustand. Die Frage ist zudem, wie sich sich diese Zellen von anderen Zellen in der Kultur unterscheiden lassen.

Das Team um Dr. Zsuzsanna Izsvák und Prof. Lawrence D. Hurst hat bereits 2014 beobachtet, dass vollständig pluripotente Zellen in menschlichen Stammzellkulturen vorhanden sind und weniger als fünf Prozent der Zellen ausmachen. Daher haben die Forscher eine Methode entwickelt, um solche Zellen zu isolieren und langfristig pluripotent zu halten.

Während ihrer Arbeit haben die Forscher eine Gensequenz namens HERVH entdeckt, die nur im Erbgut von naiven Stammzellen aktiv ist. HERV sind Gene von humanen endogene Retroviren, die sich im Laufe der Geschichte in das humane Genom eingebaut haben. Acht Prozent des humanen Genoms sollen aus HERV bestehen. Es wird vermutet, dass sie bei der Genregulation eine Rolle spielen, aber auch in die Entstehung von Krebs und Autoimmunkrankheiten involviert sein könnten. Die Forscher stellten fest, dass zumindest Teile des HERV-Genoms während der frühen Ontogenese transkriptionell aktiv sind, demnach während der Embryonalentwicklung unterschiedliche Anteile an HERV-Genen abgelesen werden. So fanden sie auch bestimmte Gene, die in die Pluripotenz der Zellen involviert sind.

Mithilfe eines weiteren Proteins unter der Bezeichnung LBP9, an das ein fluoreszierendes Eiweiß angeknüpft ist, sind sie in der Lage, zum einen HERVH im aktiven Zustand zu halten und gleichzeitig die pluripotent gehaltenen Zellen innerhalb der vielen Zellen in der Kultur durch die Fluoreszenz aufzuspüren und zu isolieren.

Ihre Methode eigne sich nicht nur für embryonale Stammzellen, berichtet Zsusanna Izsvák, sondern auch für induzierte pluripotente Stammzellen.

Möglicherweise könnte so z.B. der Teratomtest mit Mäusen mit dem Ziel der Überprüfung einer Pluripotenz von künstlich induzierten Stammzellen
ersetzt werden.

Originalpublikationen:
Jichang Wang, Manvendra Singh, Chuanbo Sun, Daniel Besser, Alessandro Prigione, Zoltán Ivics, Laurence D Hurst & Zsuzsanna Izsvák (2016):
Isolation and cultivation of naive-like human pluripotent stem cells based on HERVH expression. Nature Protocols 11/2: 327-346.
doi:10.1038/nprot.2016.016

Jichang Wang, Gangcai Xie, Manvendra Singh, Avazeh T. Ghanbarian, Tamas Raskó, Attila Szvetnik, Huiqiang Cai, Daniel Besser, Alessandro
Prigione, Nina V. Fuchs, Gerald G. Schumann, Wei Chen, Matthew C. Lorincz, Zoltán Ivics, Laurence D. Hurst & Zsuzsanna Izsvák (2014):
Primate-specific endogenous retrovirus-driven transcription defines naive-like stem cells. Nature 516: 405-409. doi:10.1038/nature13804.

Quellen:
https://insights.mdc-berlin.de/de/2016/01/wie-man-menschliche-stammzellen-aufspuert-und-im-labor-kultiviert/
https://insights.mdc-berlin.de/de/2015/04/erfolgreiche-suche-nach-den-alleskoennern-unter-den-humanen-embryonalen-stammzellen/
 
Retroviren:
P N Nelson, P R Carnegie, J Martin, H Davari Ejtehadi, P Hooley, D Roden, S Rowland-Jones, P Warren, J Astley & P G Murray (2003):
Demystified... Human endogenous retroviruses. Clin Pathol: Mol Pathol 56: 11–18.