Anlässlich der ersten Ausgabe des Journals "Applied In Vitro Toxicology" ist eine interessante Diskussion zur Umsetzung der Strategien der amerikanischen National Academy of Science, "Toxicity in the 21st Centory - A Vision and Strategy", veröffentlicht worden.

In Tox21 geht es um eine Neuausrichtung bei der Risikoermittlung und -bewertung von Chemikalien mit humanen Zellmodellen in Kombination mit Hochdurchsatz-Sceeningverfahren für Toxizitätstests, um Computermodelle und vor allem um eine neue Sichtweise, welche Ergebnisse überhaupt in eine toxikologische Bewertung einfließen sollen. Nicht das Endphänomen krank, gesund, tot etc. spielt mehr eine Rolle, sondern relevant und im Fokus steht die Beeinflussung der Stoffwechselwege und deren Bedeutung auf verschiedenen Ebenen.

Die Diskussionsteilnehmer sind Alan Goldberg, Gründungsdirektor des Center for Alternatives to Animal Testing und Toxikologieprofessor an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, Nicole Kleinstreuer, PhD, Spezialistin auf dem Gebiet der Computermodellierung und der Extrapolation von in vitro-Daten auf die in vivo-Situation, Francois Busquet, PhD, Europakoordinator des Centers of Alternatives to Animal Testing, sowie Dr. Melvin Andersen von The Hamner Institutes for Health Sciences und Mitverfasser des Berichts "Toxicity in the 21st Centory - A Vision and Strategy" - kurz Tox21 - genannt, das in der publizierten  Expertenrunde diskutiert wurde. moderiert wurde die Diskussion von James M. McKim, PhD, Editor-in-Chief des neuen Journals und u.a. CEO of IONTOX.

Die Teilnehmer diskutieren politische Ansätze sowie die Komplexität der Umsetzung der sogenannten adverse outcome pathways (AOP), eine Sequenz von Ereignissen von der Exposition eines Individuums (oder Population) einer Chemikalie bis hin zum toxischen Effekt am Ende auf Individual- oder Populationsebene.

Das Interview gibt u.a. einen Rückblick über die Ursprünge des Berichts und die Situation zu der Zeit seines Erscheinens im Jahre 2007. Er wurde demnach zu einer Zeit verfasst, als begonnen wurde, Zellkulturen industriell zu nutzen, wie Alan Goldberg sich rückblickend erinnerte. Als Meilenstein wurde gewertet, dass alle beteiligten nationalen behördlichen Stellen wie die EPA, the National Toxicology Program, the National Institutes of Environmental Health Sciences, NIH und die FDA ein Memorandum unterzeichneten, nach dem die im Report gewünschten Strategien umgesetzt werden sollten. Für Melvin Andersen geht es im Bericht schwerpunktmäßig um in vitro Tests, die die beeinflussten "toxicity pathways" (in etwa: durch toxikologische Einflüsse bedingte Stoffwechselprozesse) definieren können. Toxicity pathways sind demnach eigentlich normale zelluläre Stoffwechselwege, die durch hinreichend starke Störungen jedoch zu einer Toxizität führen können.

Francois Busquet berichtet über die gegenwärtigen Entwicklungen aus EU-Perspektive. Die Europäische Kommission und die amerikanische EPA treiben die Umsetzung des AOP-Konzepts (adverse outcome pathways) für regulatorische Entscheidungen voran, wies aber auch auf die Schwierigkeit bei der Umsetzung durch 28 europäische Regulationsbehörden in den Mitgliedstaaten hin. Derzeit würden, so Nicole Kleinstreuer, internationale Arbeitsgruppen große Anstrengungen unternehmen, um komplexe in vitro- und high-throughput-Methoden in verschiedenen Bereichen der AOPs zu erfassen.

Das neue Journal "Applied in vitro Toxicology" hat einen Schwerpunkt auf die Anwendung von in vitro-Tools in der Risiko- und Sicherheitsbewertung gelegt. Es wird vom Verlag Mary Ann Liebert, Inc. Publishers, verlegt.

Hier geht es zur Roundtable discussion:
http://online.liebertpub.com/doi/abs/10.1089/aivt.2014.1501?journalCode=aivt